Textsplitter-Vabanque
Textsplitter aus:
Vabanque
Es war eine kleine Prozession von Pfarrer, Messdiener und Sargträgern, die ihren Weg Richtung ausgehobenes Grab aufnahmen.
Dorfbewohner rückten auf und eine fremde junge Frau, deren Gesichtszüge Melancholie und Mitgefühl ausdrückten, schloss sich dem Trauerzug an. Neugierig drängelte sich Nada, Tomislav's achtjährige Enkelin, vor. Sie wollte wissen, woher die Fremde kam und wieso ist sie dort war. Aber bevor sie fragen konnte, verschwand die Unbekannte mit dem roten Zopf urplötzlich aus ihrem Blickfeld. Nach ein paar Minuten entdeckte Nada sie jedoch wieder und jetzt baumelten in deren Händen ein Paar alte staubig braune Damenschuhe, sogenannte Schnürer, die das Aussehen verschrumpelter Kartoffeln hatten, sowie ein Paket gelblich verblichener Zeitungen und eine Salatgurke.
Nada beobachtete, wie die rote Zora, Nada hatte sie blitzschnell auf diesen Namen getauft, immer wieder schluckte und sie fragte sich, was die Frau mit diesen merkwürdigen Utensilien auf einem Friedhof zu suchen hatte. Blumen, so wusste Nada, Briefe, Ringe, all das legten Angehörige, Freunde oder Bekannte mit in ein Grab. Aber alte Schuhe? Alte Zeitungen. Eine Gurke? Nada fixierte die Frau mit dem roten Zopf noch neugieriger, beschloss, sie nicht aus den Augen zu lassen und wagte kaum, weiter zu denken.
Sie wird doch wohl nicht? Das Grab ist doch kein Mülleimer!
Nada zog ihren kleinen Faltenrock über ihre schmalen Hüften höher und stellte sich auf Zehenspitzen, um den Dorfpfarrer aus ihrer Reihe besser sehen zu können.
Die Träger hielten. Nickten dem Geistlichen zu, der über die schwarze Menge hinweg die Worte, Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub emotionslos näselte. Der Sarg senkte sich in die Tiefe und als die ersten Blumen ins Grab fielen, wachte die Rote auf. Sie warf mit anfänglichem zögern den Packen Zeitungen, dann die Schuhe
und schließlich die Gurke auf den Sarg. Ein empörtes Raunen ging durch die Menge.
Sie aber drehte sich abrupt um, achtete weiterhin nicht auf die Trauerfeier und schlenderte an das andere Ende des Friedhofes. Setzte sich mit dem Rücken an eine Marmorgrabplatten und drehte sich über „Drago Kumicic“ eine Zigarette.
Nada wird sich noch Jahre später an diese merkwürdig wirkende Verabschiedung erinnern.
Während sich die Trauergesellschaft auflöste, vernahm man hier und da schon wieder ein verstecktes Lachen, aber auch immer lauter werdendes Gezeter der Frauen. Die Rote verstand nicht, was auf kroatisch geschimpft wurde und verstand es doch.
Von der Straße war ein altersschwacher Motor zu hören, in dessen Geruckel Nada jaulte:
„Ach lieber Deda, lieber Opa, ich will nicht heim laufen. Ich will mit euch faaahren.“
„Du gehst mit den Weibsleuten, Nada. Der alte Bozi und ich müssen reden. Männersachen. Basta!“
„Männersachen. Ja! Über Männersachen. Vom Matko, deinem Deda, und mir. Und der verdammten Ustascha,“ grummelte Bozidar zwischen den Lippen hervor und zog an der Filterlosen, die er zwischen Daumen und Zeigefinger quetschte.
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Vabanque
Es war eine kleine Prozession von Pfarrer, Messdiener und Sargträgern, die ihren Weg Richtung ausgehobenes Grab aufnahmen.
Dorfbewohner rückten auf und eine fremde junge Frau, deren Gesichtszüge Melancholie und Mitgefühl ausdrückten, schloss sich dem Trauerzug an. Neugierig drängelte sich Nada, Tomislav's achtjährige Enkelin, vor. Sie wollte wissen, woher die Fremde kam und wieso ist sie dort war. Aber bevor sie fragen konnte, verschwand die Unbekannte mit dem roten Zopf urplötzlich aus ihrem Blickfeld. Nach ein paar Minuten entdeckte Nada sie jedoch wieder und jetzt baumelten in deren Händen ein Paar alte staubig braune Damenschuhe, sogenannte Schnürer, die das Aussehen verschrumpelter Kartoffeln hatten, sowie ein Paket gelblich verblichener Zeitungen und eine Salatgurke.
Nada beobachtete, wie die rote Zora, Nada hatte sie blitzschnell auf diesen Namen getauft, immer wieder schluckte und sie fragte sich, was die Frau mit diesen merkwürdigen Utensilien auf einem Friedhof zu suchen hatte. Blumen, so wusste Nada, Briefe, Ringe, all das legten Angehörige, Freunde oder Bekannte mit in ein Grab. Aber alte Schuhe? Alte Zeitungen. Eine Gurke? Nada fixierte die Frau mit dem roten Zopf noch neugieriger, beschloss, sie nicht aus den Augen zu lassen und wagte kaum, weiter zu denken.
Sie wird doch wohl nicht? Das Grab ist doch kein Mülleimer!
Nada zog ihren kleinen Faltenrock über ihre schmalen Hüften höher und stellte sich auf Zehenspitzen, um den Dorfpfarrer aus ihrer Reihe besser sehen zu können.
Die Träger hielten. Nickten dem Geistlichen zu, der über die schwarze Menge hinweg die Worte, Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub emotionslos näselte. Der Sarg senkte sich in die Tiefe und als die ersten Blumen ins Grab fielen, wachte die Rote auf. Sie warf mit anfänglichem zögern den Packen Zeitungen, dann die Schuhe
und schließlich die Gurke auf den Sarg. Ein empörtes Raunen ging durch die Menge.
Sie aber drehte sich abrupt um, achtete weiterhin nicht auf die Trauerfeier und schlenderte an das andere Ende des Friedhofes. Setzte sich mit dem Rücken an eine Marmorgrabplatten und drehte sich über „Drago Kumicic“ eine Zigarette.
Nada wird sich noch Jahre später an diese merkwürdig wirkende Verabschiedung erinnern.
Während sich die Trauergesellschaft auflöste, vernahm man hier und da schon wieder ein verstecktes Lachen, aber auch immer lauter werdendes Gezeter der Frauen. Die Rote verstand nicht, was auf kroatisch geschimpft wurde und verstand es doch.
Von der Straße war ein altersschwacher Motor zu hören, in dessen Geruckel Nada jaulte:
„Ach lieber Deda, lieber Opa, ich will nicht heim laufen. Ich will mit euch faaahren.“
„Du gehst mit den Weibsleuten, Nada. Der alte Bozi und ich müssen reden. Männersachen. Basta!“
„Männersachen. Ja! Über Männersachen. Vom Matko, deinem Deda, und mir. Und der verdammten Ustascha,“ grummelte Bozidar zwischen den Lippen hervor und zog an der Filterlosen, die er zwischen Daumen und Zeigefinger quetschte.
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lou-salome - 25. Mär, 13:25